FORSCHUNGS-STUDIE

Casualisierung und Demokratisierung von Luxus (bis hin zu Public Luxury)

KEYLENS/ INLUX NEO-Luxury Studie 2025:

Die Casualisierung von Luxus ist ein wichtiger Trend, der auch aus unserer NEO-Luxury Studie hervorgeht. In diesem Jahr hat sich dieser Trend noch einmal verstärkt. Lesen Sie hier die spannenden Ergebnisse der Studie, die mehr Relevanz haben denn je zuvor. 

Dass Luxus „casualisiert“ und immer mehr Teil der Street Culture wird, dem stimmen 67 % Prozent der befragten Top-Entscheider zu. Statt auszugrenzen wie früher, wird Luxus ein immer breiteres gesellschaftliches Phänomen, demokratisiert immer stärker und erreicht immer breitere Zielgruppen. Sonja van der Hagen, Dedon, schlägt die Brücke zum ersten Trend: „Für mich geht das einher mit dem Trend des Sharings, der auch eine Demokratisierung mit sich bringt.“

50 % der Befragten sehen eine hohe Relevanz von Casualisierung und Demokratisierung des Luxus für die Luxusbranche per se (siehe Abb. 13a), aber nur 39 % hohe Relevanz für ihr eigenes Unternehmen (siehe Abb. 13b). Die Top-Entscheider sehen deutlich geringere Relevanz dieses Trends für etablierte Geschäftsmodelle (46 % branchenübergreifend; 31 % für das eigene Unternehmen); deutlich höhere für neue Geschäftsmodelle (67/75 %). Logisch zeigt sich hier die Bedeutung für neue Geschäftsmodelle, die u.a. aufgrund genau dieser Bewegung erst entstanden sind. Hohe Relevanz besteht hier besonders für Modeunternehmen (67 %) und Services (100 %).

Demokratisierung als Treiber des NEW Luxury

Durch die Demokratisierungsbewegung von Luxus 1995 entstand eine neue Form von Luxus, bei der weniger das Produkt als die Aura der Marke im Fokus des Konsums steht.

Mit Produkten im Einstiegssegment wie Accessoires oder Beauty-Produkten war der Zugang zur Marke schon ab einem Bruchteil des Kernsegmentpreises möglich. Dies passierte nicht nur wegen des Kundenbedürfnisses, an der Marke teilzuhaben, sondern auch aufgrund des Drucks von Investoren durch Börsengänge von Luxusmarken. Deren Reaktion: Subbrands, Markenerweiterung, Masstige.

Oder wie Andreas Henke manifestiert, gerade keine Reaktion: „Wir stehen mit Burmester für eine noch dickköpfige(re) Form der Traditionspflege.“ Luxusmarken als Gegenmodell! So finden sich auf der einen Seite Luxusmarken, die sich dem verwehren. Und andererseits solche, die den Trend offensiv aufnehmen. Für Simon Owen, Anomaly, war letztere Entwicklung längst überfällig. Doch entscheidend ist, wie weit sich eine Marke öffnen darf und muss, ohne diese zu schädigen.

Souveräner Umgang mit Luxus

Luxuskunden haben sich weiterentwickelt, sind lässiger im Umgang mit Luxus geworden. Das betont auch Philipp Man: „Wir haben nicht die Stigmatisierung der Türe mit Sicherheitspersonal dahinter. Und es sind lange nicht mehr nur Einsteiger, die bei Chronext kaufen. Die Leute fühlen sich wohler bei uns auf der Seite, das gilt durchaus auch für normale Luxuskunden.“

Doch unverändert bleibt, so Karl J. Pojer, Hapag- Lloyd Cruises: „Der Luxuskunde will nie Mainstream sein.“ Nur hat dies eine neue Form angenommen. Menschen in the now und know werden Avantgardisten eines neuen Luxus. Was die Existenzberechtigung des traditionellen Luxus unberührt lässt: „Solange ich die Luxusmarken in den Highstreets zusam menbündeln, wo eigentlich nur die Menschen hingehen, die den klassischen Luxus suchen, sehe ich nicht, dass Luxus sich wirklich nachhaltig demokra tisiert“, so Rudolf Pütz, Vitra. Was damit definitiv passiert, ist eine Komplexität des Dechiffrierens von Luxus-Codes.

Exklusivität trotz Inklusivität

Luxus wird differenzierter, facettenreicher und inklusiver. Doch wie schaffen es Luxusunternehmen trotz der Demokratisierung und Casualisierung, das Exklusivitätselement nicht zu vernachlässigen?

Best Practice hierfür ist Rimowa: „With more casualization and more democratization, the range in which luxury brands interact with consumers becomes much broader. And as a result, the exclusivity will even become more exclusive. The more you open yourself up, the more you have to make yourself exclusive on the other end of the spectrum. Rimowa is a really good example as they are opening up through their collaborations, partnerships, accessories. But on the other hand, they are becoming more exclusive in terms of their distribution and their price strategy. They’re getting more expensive. The two seem counter intuitive, but you can definitely do both if you’re smart“, Simon Owen.

Street Culture als Leitbild – für wie lange?

Seitdem Initiativen von Supreme und Virgil Abloh, Creative Director von Louis Vuitton, zur ultimativen Rejuvenation- und Millennial-Strategie für traditionelle Luxusmarken geworden sind, ist Street Culture auch für diese nicht mehr wegzudenken und hat die Demokratisierung nur befeuert. Doch ist es nur ein kurzer Hype oder eine substanzielle Veränderung? Simon Owens Überzeugung ist: „I believe even the people at the sharpest end of this trend – people like Virgil Abloh – know this moment is just a trend; it may well continue for a little while but probably isn’t here to last.“

Casualisierung als Antwort und integrales Element

Was bleibt, ist die Casualisierung. Die Antwort von Dedon darauf: „Wir haben unser Portfolio bewusst erweitert in Hinblick auf Casualisierung und Demokratisierung: durch Produkt- und Preisstrategien“, sagt Sonja van der Hagen. So sind Basics im Onlineshop und beratungsintensive Produkte im stationären Handel zu finden. Das wiederum zielt auf das Bedürfnis der Kunden ab, sich online zu informieren, sich inspirieren zu lassen, mit der Marke zu interagieren.

Für Reto Ringger, Globalance Bank, stellt sich die Frage: „Wenn das Produkt immer günstiger wird und immer mehr Konsumenten dieses erwerben können, wird das dann weniger attraktiv für sehr Vermögende?“

Limited Edition und Kollaborationen als Patentlösung?

Die Symbole des Reichtums ändern sich offensichtlich, so Simon Owen. Für ihn geht es nicht mehr um ein Objekt oder Dinge, für die gespart wurde. Es geht um Symbole der Erfahrung.

Und genau hier greifen limitierte Editionen: „If you have a limited edition drop, your ability to create a huge (physical) line fuels your digital ecosystem, fuels desire, fuels talkability, fuels the feeling of exclusivity. It’s less exclusivity in terms of ,I’m the one who can afford to buy this product‘, but more exclusivity of story; ,I was in the queue for that product‘ or ,I was one of the first of thousand people to get access to that‘“, erklärt Simon Owen.

Kooperationen sind sicherlich nicht das Patentrezept, jedoch ein integraler Bestandteil einer gesamten Strategie einer starken Marke. Denn diese erzeugen Buzz und Gesprächsanlass.


Die KEYLENS-/INLUX-NEO-Luxury Studie ist als Top-Entscheider-Studie angelegt. 16 persönliche und 35 Online-Interviews mit nationalen und internationalen Ownern, Vorständen, Geschäftsführern von Luxusmarken und ausgewählten Luxus-Experten bilden den Kern der Erhebung. Gemeinsam mit einem umfassenden international angelegten Research zu den aktuellsten Entwicklungen in den Luxusmärkten. Bei den Interviews wurden sowohl klassische Geschäftsmodelle als auch Neugründungen berücksichtigt. Analog dazu wurden neben etablierten Top Entscheidern bewusst junge Herausforderer befragt. Zudem erfolgte eine Kategorisierung nach 8 Branchenclustern.

Autoren und Studienerheber: Dr. Jörg Meurer, KEYLENS und Julia Riedmeier, INLUX

Dieser Beitrag wurde ursprünglich von KEYLENS veröffentlicht, heute Teil der Prophet Germany GmbH

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